Karl Lagerfeld und seine Nazi-Eltern: die Vergangenheit, die er zu verbergen versuchte
Fashion Designer Karl Lagerfeld war und ist vor allem für seine legendären modischen Schöpfungen weltweit bekannt geworden.
In einer neuen Biografie (“Karl Lagerfeld - Ein Deutscher in Paris”) ist nun jedoch mehr über seine Eltern bekannt geworden. Sie waren Mitglieder der NSDAP, heißt es.
Was seine Familie angeht, war Karl Lagerfeld stets sehr zurückhaltend. Er konzentrierte sich darauf, aufgrund von seiner Arbeit in der Öffentlichkeit zu stehen und nicht aufgrund seiner Familiengeschichte.
In einem neuen Buch heißt es nun, dass seine Eltern Mitglieder der NSDAP gewesen sein sollen, der Partei der Nazis. Und nicht nur das: Sie sollen nicht nur Nazis gewesen sein, sondern auch Sklaven in ihrem Familienunternehmen beschäftigt haben.
Ein Foto aus dem Familienalbum aus dem Jahr 1938 zeigt den damals vierjährigen Karl Lagerfeld in Lederhosen gekleidet vor dem Haus der Familie stehen. Im Hintergrund: Eine Hakenkreuzflagge.
Der Vater des Modeschöpfers hieß Otto Lagerfeld. Er arbeitete im Kondensmilchgeschäft für das “Glücksklee”-Franchise in Deutschland.
Mit seiner Arbeit soll er so erfolgreich gewesen sein, dass er rund 180.000 Euro Jahresumsatz (damals circa 50.000 Reichsmark) gemacht haben soll.
1934 kaufte er davon das Herrenhaus “Gut Bissenmoor”, in der Nähe von Hamburg. In den 40er Jahren stieg der Umsatz des Unternehmens noch weiter und soll rund 280.000 Euro betragen haben.
Der Designer Karl Lagerfeld | Quelle: Getty Images
Alfons Kaiser, Autor der neuen Biografie und Journalist von Beruf, sagt jedoch, dass dieser Erfolg seinen Preis hatte. Er legt Dateien vor, die zeigen sollen, dass Otto Lagerfeld im Mai 1933 der NSDAP beigetreten sein soll. Hitler war zu diesem Zeitpunkt erst vier Monate an der Macht.
Damals sollen einige Geschäftsleute solch einen Schritt gewählt haben, um sich beim neuen Regime Gunst zu verschaffen.
Die Firma konnte sich so einen Auftrag verschaffen, um die Soldaten mit Kondensmilch zu versorgen. Laut der Unterlagen soll auch seine Frau Elisabeth der Partei beigetreten sein, auch wenn sie dies später abstritt.
Der Designer Karl Lagerfeld | Quelle: Getty Images
Um die neue Arbeitsmenge bewerkstelligen zu können, soll die Firma etwa 80 Polen und “Ostarbeiter” beschäftigt haben. Bei ihnen soll es sich um Sklaven gehandelt haben, die von den Nazis an “loyale” Unternehmer verteilt wurden.
KARL LAGERFELDS VERGANGENHEIT
Im Jahr 2007 veröffentlichte Autorin Alicia Drake ein Buch mit dem Titel “The Beautiful Fall”. In diesem nahm sie Karl Lagerfelds Vergangenheit und die seiner Familie näher unter die Lupe.
Der Modeschöpfer mochte dies nicht und reichte Klage ein, mit der Behauptung, es würde seine Privatsphäre verletzen. Er wollte, dass das Buch vom Markt genommen wird und die Autorin eine Strafe erhielt. Doch er verlor den Prozess. Das Buch wurde ein Bestseller.
Kaiser war schon seit längerem an Lagerfelds Leben interessiert, lehnte jedoch ursprünglich die Anfrage nach einer Biografie ab, da diese nur wenige Tage nach seinem Tod kam.
Sein Verleger konnte ihn schließlich jedoch überzeugen, immerhin gab es bis dato nicht wirklich eine anständige Biografie von Karl Lagerfeld. Nachdem Kaiser also zwei Jahrzehnte lang immer wieder über Lagerfeld berichtet hatte, stimmte er zu.
Sein Ziel ist es, die Person hinter dem Modeschöpfer zu zeigen. Er sagte:
“Und das möchte ich auch zeigen, dass er für so viele Marken gearbeitet hat, wissen Sie, mit einer solchen Energie, und er war wirklich ein sehr guter Motivator”
13 Monate lang recherchierte er und führte mehr als 100 Interviews mit Freunden Lagerfelds, Klassenkameraden, Geschäftspartnern und Nachbarn durch.
Im Rahmen seiner Recherchen stieß er auf Dokumente, welche die Kindheit von Lagerfeld in Bad Bramstedt in einem neuen Licht erscheinen ließen. Die Dokumente bestanden aus Unterlagen und Fotografien. Kaiser verrät:
“Ich denke, mein Buch zeigt wirklich, dass Karl von seiner Mutter einerseits und seinem Vater andererseits zwei Hauptquellen seiner Fähigkeiten erhalten hat: Geschäft und Stil.”
“WARUM BIN ICH MITGLIED DER NSDAP GEWORDEN?”
Inmitten der Unterlagen befindet sich ein Brief, den Elisabeth Lagerfeld an ihre Schwester Felicitas geschrieben haben soll. Der Titel des Briefes soll lauten: “Warum bin ich Mitglied der NSDAP geworden?”
Lagerfelds Mutter soll in diesem Brief erklären, wie sie anfänglich von Hitlers Versprechen, Ordnung wiederherzustellen und wirtschaftlichen Wohlstand zu bringen, verführt schien nach dem Chaos des Ersten Weltkriegs.
Ihre Illusionen sollen jedoch zerstört worden sein, als sie erlebte, wie die Juden zusammengepfercht und 1941 zur Deportation in Hamburg versammelt wurden.
Kaiser gab an, dass Elisabeth Lagerfeld dann gemerkt habe, dass dies keine gute Ideologie war und sie hörte auf, die Insignien der Partei zu tragen. Ihre Mitgliedschaft zog sie jedoch nicht zurück, da sie Angst vor den Folgen hatte.
Nach dem Krieg hat sie den Behörden gesagt, dass sie nie mit den Nazis im Bunde stand, ganz im Gegenteil zu ihrem Mann Otto. Denn dieser gab an, von 1933 bis 1945 Mitglied der Partei gewesen zu sein, da es im Interesse seiner Firma gewesen war.
Da Karl Lagerfeld zu der Zeit selbst noch sehr jung war, ist es fraglich, wie viel er über die politischen Verbindungen seiner Eltern bewusst wahrgenommen hat.
Doch die Bindungen seiner Eltern zur NSDAP stehen in keiner Verbindung zu Karl Lagerfelds eigenem Leben oder seiner eigenen Karriere, die er sich hart erarbeitet hat. Er war kein Teil der Hitler-Jugend.
Pierpaolo Righi, Chief Executive Officer der Marke "Karl Lagerfeld", sagt, die neue Biografie sei äußerst gründlich recherchiert und sei eine gute Reflektion von Lagerfelds Leben und seiner Persönlichkeit.
Das Buch soll den Menschen eine andere Sichtweise und Kontext vermitteln. Righi fügte an, dass er nicht glaube, diese Biografie würde sich auf die Marke Lagerfeld auswirken, denn der Designer war auch zu Lebzeiten gelegentlich in Debatten verstrickt. Er sagte:
“Er war umstritten, und die Leute konnten ihm zustimmen, ihm widersprechen, und das kann eine Reflexion auf die Marke haben”
Doch in diesem Fall sei Lagerfeld einfach zu jung gewesen, um Einfluss darauf zu haben.