
Vor vierzig Jahren versprachen wir, uns an unserem Angelplatz zu treffen. Einer von uns tauchte nicht auf, sondern schickte stattdessen einen Brief - Story des Tages
Vierzig Jahre, nachdem wir uns am See ein Versprechen gegeben hatten, kehrten wir drei zu der alten Bank zurück - älter, weicher, voller Geschichten. Wir lachten, als wäre keine Zeit vergangen... bis wir bemerkten, dass ein Platz leer war. Dann sahen wir den Umschlag. Und alles änderte sich.
Der See hatte sich nicht verändert, nicht wirklich.
Der Steg knarrte immer noch, wenn der Wind aus dem Westen kam, genau wie damals, als wir Kinder mit Sonnenbrand auf den Schultern waren und zu viel Zeit hatten.
Die Rohrkolben beugten sich in den Wind wie alte Nachbarn, die lauschten - leise, neugierig, unbeeindruckt von der Zeit.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Ich stieg aus meinem Auto aus und streckte mich, wobei meine Knochen lauter knarrten als der Steg. Die Luft roch nach nasser Erde und Tannennadeln.
"Karen?"
Ich schaute auf und lächelte, noch bevor ich ihn sah.
"Ach du meine Güte, bist du das, Dale?"

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Er breitete seine Arme aus und lachte, dasselbe Lachen, das über den See hallte, als wir fünfzehn und furchtlos waren.
"Vierzig Jahre und du bist immer noch hübscher als ein Sommergewitter", sagte er.
"Immer noch voll dabei, wie ich sehe", sagte ich und umarmte ihn fest. Sein Flanellhemd roch nach Kaffee und etwas Warmem - vielleicht Zimt.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Hinter ihm stand Wes, der eine verbeulte Thermoskanne in der Hand hielt, als wäre sie das Einzige im Leben, dem er vertraute, dass es sich nicht verändern würde.
Sein Gesicht hatte Falten, die es früher nicht hatte, aber seine Augen - freundlich und ruhig - waren genau dieselben.
"Karen", sagte Wes mit einem Nicken.
"Wes", lächelte ich. "Immer noch so ruhig, was?"
"Manche Dinge muss man nicht in Ordnung bringen", sagte er achselzuckend.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Wir gingen gemeinsam zu der Bank - unserer Bank - und da stand sie, mit unseren Initialen, halb verblasst unter Moos und Zeit.
Wir saßen Schulter an Schulter, und der Moment war von Erinnerungen geprägt.
Die Angelruten, die wir mitgebracht hatten, lehnten unangetastet an einem Baum. Wir waren nicht zum Angeln hier.
Stattdessen unterhielten wir uns. Dale erzählte uns von seinem Ruhestand bei der Post und dem alten Jeep, den er gerade restaurierte.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Wes freute sich über seine drei Enkelkinder, von denen eines schon größer ist als er. Ich erzählte, dass ich immer noch jeden Samstag für die Kirche backe, auch nachdem Jack gestorben ist.
"Ich kann nicht glauben, dass es wirklich schon vierzig Jahre her ist", flüsterte ich und beobachtete eine Libelle, die über dem Wasser schwebte.
"Das macht vier", sagte Wes und schaute sich um. Dann runzelte er die Stirn.
"Eins, zwei, drei..."

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Die Stille fiel ein wie ein Stein.
Ein Platz war leer.
"Wo ist Earl?" fragte Dale.
Ich drehte mich zu der Bank um. Dort lag ein Umschlag, sauber gefaltet wie eine Serviette.
"Für Karen, Dale und Wes", stand da in zittriger Handschrift.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Dale hob ihn mit beiden Händen auf. Seine Stimme wurde brüchig.
"Das ist von Earl."
Wes öffnete den Umschlag langsam, als könnte er die Luft um uns herum zerreißen, wenn er nicht aufpasste.
Seine Hände zitterten ein wenig, so wie sie es tun, wenn man etwas Heiliges berührt.
Das Papier darin war dünn und an den Rändern vergilbt, als wäre es ein paar Mal gefaltet worden, bevor es den Weg zu uns fand.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Er räusperte sich und las mit leiser, aber fester Stimme vor.
"Liebe Freunde, ich wollte euch so gerne sehen. Das wollte ich wirklich. Ich dachte, ich könnte es schaffen, aber das Leben hatte andere Pläne. Ich werde nicht sagen, warum ich nicht dabei sein kann. Manche Dinge sollte man besser für sich behalten, aber ihr sollt wissen, dass ich oft an euch denke. Ich trage diese Sommer am See in meiner Brust wie ein zweites Herz. Seid fröhlich. Earl"
Keiner sagte sofort ein Wort. Die Sonne ging hinter den Bäumen unter, und der See fing das Licht genau richtig ein und verwandelte sich in eine goldene Fläche.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Für eine Sekunde sah es so aus, als würde Feuer auf dem Wasser tanzen.
Ich blinzelte langsam und schaute wieder auf die Bank, auf den leeren Platz, auf dem Earl hätte sitzen sollen.
Ich konnte ihn mir fast vorstellen - Flanellhemd, schiefes Grinsen, immer das lauteste Lachen.
Wes beugte sich vor und hielt den Brief näher an sein Gesicht. "Diese Briefmarke...", sagte er leise. "Sie ist vom St. Luke's Medical Center."

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Dale setzte sich aufrechter hin. "Das ist das Krebszentrum, richtig?"
Wes nickte.
"Ja. Ich habe dort als Freiwilliger gearbeitet. Ich erkenne das Zeichen der Poststelle. Das hier stammt von einem Krankenhausbett."
Ich schluckte den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals bildete. "Glaubst du, er ist krank?"
Keiner antwortete.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Die Stille fühlte sich jetzt anders an. Schwerer.
Dann stand Dale plötzlich auf, sein Rücken war steif vor Entschlossenheit. "Wir gehen jetzt."
Ich schaute zu ihm auf. "Ins Krankenhaus?"
Er nickte einmal, mit angespanntem Kiefer. "Er wollte es uns nicht sagen, aber er hat uns diesen Brief hinterlassen. Das bedeutet, dass er uns immer noch in seiner Nähe haben wollte. Wir werden zu ihm gehen. Jetzt."

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Wir standen alle zusammen.
Keiner sagte es, aber wir hatten Angst, dass wir schon zu spät sein könnten.
Wir fuhren auf den Parkplatz von St. Luke's, als sich der Himmel gerade in diesen sanften Lavendelton färbte, der nur vor Einbruch der Dunkelheit auftritt.
Der Parkplatz war fast leer, die Art von Stille, die selbst Autotüren zu laut werden lässt.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Im Inneren des Krankenhauses roch es nach Bleiche und etwas leicht Blumigem - als ob sie versuchten, die Krankheit zu verbergen, was ihnen aber nicht ganz gelang.
Die Lichter waren zu hell für diese Tageszeit. Alles sah sauber aus, aber nicht warm.
Wir bewegten uns langsam, fast so, als hätten wir Angst, das zu finden, was wir suchten.
An der Rezeption schaute eine junge Krankenschwester in hellblauem Kittel von ihrem Computer auf. Ihr Lächeln war höflich, aber müde.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
"Kann ich Ihnen helfen?"
Wes trat vor. Seine Stimme war ruhig, aber sanft. "Wir suchen nach einem Patienten. Earl Johnson."
Die Krankenschwester tippte schnell, ihre Fingernägel klopften auf die Tasten. Dann hielt sie inne. Ihre Augen wurden weicher, als sie aufblickte.
"Es tut mir leid", sagte sie sanft.
"Mr. Johnson ist letzten Monat verstorben.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Die Worte trafen wie ein langsamer Schlag. Der Boden schien sich unter meinen Füßen ein wenig zu bewegen und ich griff ohne nachzudenken nach der Lehne eines Stuhls in der Nähe.
Dale blinzelte heftig und räusperte sich.
"Gibt es jemanden, mit dem wir reden können? Familie?"
Die Krankenschwester nickte.
"Seine Frau. Sie kommt um diese Zeit in die Kapelle. Ich kann euch hinbringen."
Wir folgten ihr in einen ruhigen Flur. Die Geräusche des Krankenhauses - Telefone, Einkaufswagen, leise Schritte - verschwanden hinter uns.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Die Kapelle war klein. Friedlich. Holzbänke säumten den Raum, und eine einzelne Kerze flackerte in der Nähe der Stirnseite.
In der ersten Reihe saß eine Frau mit ordentlich zurückgekämmten, silbernen Haaren. Ihre Hände waren in ihrem Schoß gefaltet.
"Mrs. Johnson?", fragte die Krankenschwester leise.
Sie drehte sich langsam um. Ihre Augen waren rot, aber ruhig.
"Ja?"
Die Krankenschwester gestikulierte in unsere Richtung. "Das waren Earls Freunde."

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Ihre Lippen zitterten ein wenig, als sie uns ansah. Dann stand sie auf und drückte eine Hand sanft auf ihre Brust.
"Ihr seid Karen. Und Wes. Und Dale."
Wir nickten, unsere Stimmen waren irgendwo zu tief, um sie zu erreichen.
Sie lächelte durch ihre Tränen hindurch. "Er hat jede Woche von euch gesprochen. Bis zum Schluss."
Wir saßen mit ihr in der kleinen Kapelle, einem Raum, der eher der Gemütlichkeit als der Zeremonie diente. Die Luft roch schwach nach altem Holz und schmelzendem Wachs.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Ein paar Kerzen flackerten in der Nähe des Altars und warfen weiche Schatten auf die Wände.
Es spielte keine Musik, aber die Stille hatte ihren eigenen Rhythmus - langsam und schwer, als würde sie den Atem anhalten.
Earls Frau saß uns in der ersten Kirchenbank gegenüber. Ihre Hände waren immer noch in ihrem Schoß gefaltet, aber ihre Schultern hatten sich ein wenig entspannt, als müsste sie die Last nicht mehr allein tragen.
"Er wollte nicht, dass ihr ihn so seht", sagte sie mit leiser und fester Stimme.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
"Die Behandlungen haben ihn verändert. Er konnte nicht mehr fischen. An den meisten Tagen konnte er kaum noch laufen."
Ich schluckte und spürte den Schmerz hinter meinen Rippen aufsteigen.
"Ich wünschte, er hätte es uns gesagt", sagte ich. "Dann wären wir früher gekommen. Wir hätten uns zu ihm gesetzt, egal was passiert wäre."
Sie lächelte traurig und sah auf ihre Hände hinunter.
"Das wusste er. Aber Earl... er wollte, dass die Erinnerung golden bleibt. Er wollte nicht derjenige sein, der das Bild verblassen lässt. Er erinnerte sich an diese Sommer am See, als wären sie ihm heilig."

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Sie blickte auf und sah uns allen in die Augen. "Ihr drei... ihr wart seine größte Freude."
Wes starrte auf seine Schuhe und rieb einen Zeh auf dem Boden.
"Er schrieb, dass er diese Sommer am See wie ein zweites Herz in seiner Brust trug."
Ihr Gesicht verknitterte ein wenig. Sie nickte und blinzelte die Tränen zurück.
"Das tat er. Er bewahrte ein Foto von euch vier direkt neben seinem Bett auf. Es war das letzte, was er sich jeden Abend ansah. Er hat nie aufgehört, auf ein Wiedersehen zu hoffen."

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Ich spürte, wie sich etwas in mir veränderte. Eine leise Erkenntnis, tief und still.
"Er war da", sagte ich, meine Stimme war kaum höher als ein Flüstern.
"In dem Brief, auf dem Platz, den er für sich selbst reserviert hat. Er ist auf die einzige Weise aufgetaucht, die er konnte."
Dale wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. "Er hat es nicht verpasst", sagte er. "Er ist nur zu früh gekommen."
Aber wir hielten diesen Gedanken fest wie eine warme Decke - so als ob er die scharfen Kanten des Vermissens mildern könnte.
Eine Woche später trafen wir uns wieder - diesmal auf dem Friedhof.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
Es war ein ruhiger Ort, eingebettet zwischen hohen Eichen und niedrigen Steinmauern. Der Wind bewegte sich langsam, als wolle er nicht stören.
Auf dem Rasen waren ein paar Klappstühle aufgestellt, vor denen ein kleines gerahmtes Foto von Earl stand.
Darauf grinst er breit, hält eine Angelrute in der einen und eine Dose Limonade in der anderen Hand, genau wie wir ihn in Erinnerung haben.
"Er hat ihn reingeholt, als wäre er eine Trophäe", sagte Wes und kicherte leise. "Er hat uns sogar gezwungen, ein Foto mit ihm zu machen."
Wir lachten und es tat gut, zu lachen.

Nur zu Illustrationszwecken. | Quelle: Pexels
"Er hat vierzig Jahre gewartet", sagte ich leise. "Und er hat es geschafft."
Wes nickte. "Wir alle haben es geschafft."
Dale schaute in den Himmel, die Hände in den Taschen. "Lass uns nicht wieder vierzig Jahre warten, ja?"
Ich lächelte durch meine Tränen hindurch. "Nächstes Jahr. Dieselbe Bank. Keine Ausreden."
Der Wind bewegte sich sanft und sicher durch das Gras.
Und in diesem Moment, das schwöre ich, klang es ein bisschen wie Lachen.
Sag uns, was du von dieser Geschichte hältst, und teile sie mit deinen Freunden. Sie könnte sie inspirieren und ihren Tag erhellen.
Wenn dir diese Geschichte gefallen hat, lies auch diese: Ich hatte zwei Jobs, um meinem Sohn einen unvergesslichen Tag zu bereiten. Seine Lieblingspizzeria, ein Überraschungskuchen, ein warmer Hauch von Oregano in der Luft. Doch gerade als die Kerzen angezündet wurden, durchbrach die Stimme eines Fremden die Freude - und verwandelte unsere Feier in etwas, das ich nicht kommen sah. Lies die ganze Geschichte hier.
Dieser Beitrag wurde von Geschichten aus dem Alltag unserer Leserinnen und Leser inspiriert und von einem professionellen Autor geschrieben. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Namen oder Orten ist rein zufällig. Alle Bilder dienen nur der Illustration. Teile deine Geschichte mit uns; vielleicht verändert sie das Leben von jemandem. Wenn du deine Geschichte mit uns teilen möchtest, schicke sie bitte an info@amomama.com.